Frei sein durch Selbstverantwortung?

Klingt doch gut, unabhängig von Fremdbestimmung sein. Oder doch lieber: „Verschreib mir etwas und mach mich gesund, verändern will ich aber nichts.“ In diesem Spannungsfeld könnte sich bald jemand wiedererkennen, denn es ist ein sperriges Wort, Verantwortung: „Die Übernahme der Verpflichtung, für die möglichen Folgen einer Handlung einzustehen und gegebenenfalls dafür Rechenschaft abzulegen.“ Ehrlich gesagt, wer macht das schon, und noch dazu in voller Konsequenz. Jetzt soll es aber sogar noch weiter gehen, Selbstverantwortung: „Für das eigene Tun und Unterlassen einzustehen und die Konsequenzen dafür zu tragen.“

Es geht also um mich. Um mich als aktiver und mich als passiver Teil, um mich als Objekt dem oder mit dem etwas geschieht und zugleich als Subjekt, der etwas tut oder eben nicht tut. Die Subjekt-Objekt-Spaltung als Konsequenz des Dualismus, ein spannendes philosophisches Phänomen aber auch ein grundsätzliches Dilema.

Es war doch scheinbar einfach die Verantwortung aussen zu lassen: beim Arzt für meine Krankheit, beim Lehrer für mein Nichtwissen, beim Partner für meine schlechte Laune oder bei Gott für all die Dinge die mir darüberhinaus widerfahren. Aber je mehr man genauer hinschaut desto schwerer ist es möglich, so zu tun, als ob die Auslöser und Verantwortung im Aussen liegen.

Anfänglich machen es einem die Anderen auch wirklich leicht die Schuld bei ihnen zu finden, alle Vorurteile und Klischees werden erfüllt, und wir sehen das, was wir erwarten zu sehen. Im Laufe des Prozesses gelingt es aber immer weniger vor sich selbst schlüssig Verantwortungen im Aussen zu lassen. Es funktioniert nicht mehr, ausser wir machen uns bewusst etwas vor. Aber wir sind auch verschlagen und es kommt der Punkt, an dem wir uns nicht mehr glauben.

Und dann kommt der Zweifel an der gut gemeinten Absicht dessen, der über mich bestimmen kann, kraft seines Amtes oder doch eher weil ich ihn es tun lasse oder sogar ihm diese Verantwortung zugeschoben habe.

In der vielleicht letzten Phase dieses Prozesses, macht sich eine zunehmende Erleichterung breit darüber, dass ich für alles was mich selbst betrifft auch selbst verantwortlich bin. Ich entscheide was ich dem wichtigsten Instrument, das ich in dieser dualen Welt zur Verfügung habe, meinem Körper, zumute, zutraue und zuführe. Welche Nahrung ich zu mir nehme, welchen Situationen ich mich aussetze und welchen Menschen ich nahe bin. Dann bin ich selbstverantwortlich und frei.